In Bulawayo..

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..bei Ozzy angekommen war erstmal alles total nett. Er wohnt mehr oder weniger in einem alten Bürogebäude direkt neben der Fabrik. Im Büro gab es erstmal nen Kaffee. Guten Filterkaffee. 🙂 Ozzy ist übrigens 69 und irgendein Manager der Lederfabrik. Aber topfit, er hat ein mini gym in der Bude und isst low carb. Wie sich schnell rausgestellt hat, nimmt er die meisten Kohlenhydrate über Flüssignahrung zu sich: Bier. Gabs dann auch gleich abends, gemeinsam mit einem Deutschen, der die Produkte in Deutschland vertreibt und halb in München und halb in Zim wohnt, und ihrem Boss. Bei Pizza und (local) Bier habe ich einiges über das Land erfahren – aus Sicht der dort lebenden Weißen. Ich glaube Essen und Trinken wurde anschließend unter Jobinterview „HR Manager“ verbucht.

In den nächsten Tagen habe ich mich am sehr guten Wifi erfreut und mich mit Alex in der Stadt getroffen, um Bulawayo zu erkunden. Und seine Seite der Geschichte zu hören. Ich habe USD auf der Straße in Bond umgetauscht, war für 1,50 USD im Kino, war im Township, war auf einem Markt für hmmm, traditionelle Medizin/Religion, hab mir Fotos von Alex‘ Dance Combo von vor 20 Jahren angeguckt (er ist ein professioneller Tänzer), habe einen ehemaligen Rugbyspieler und einen professionellen Drummer getroffen, unreife Mangos mit Salz gefuttert, wurde fast von einer erschlagen, war in der Kunstgalerie, wo ich die einzige Postkarte in Zim erstanden habe (und sie ist in Zim geblieben), habe einen Green Giant verspeist und war nicht im Museum.

Bulawayo ist unglaublich grün und auch mit einigen kolonialen Gebäuden versehen. Leider verkommt alles ein bisschen, der Park war laut Alex mal sehr schön, jetzt kümmert sich keiner mehr und genauso sieht es auch aus. Und so ist es leider mit vielen Dingen in Zim. 🙁

Von ehemals funktionierender Wirtschaft und Infrastruktur ist leider nicht mehr wirklich viel über. Die Wirtschaft liegt am Boden, Jobs gibt es entsprechend nicht viele. Was vorher 400 USD Pension waren, sind nun 400 Bond, die Rate zu der ich Dollar zu Bond getauscht habe war ca. 1 zu 15.. die Regierung hat mal eben 1:1 getauscht.

Das „Ozzy – es war ganz nett“ – Blatt hat sich gewendet als er mir Freitag Abend vor der Haustür, nachdem wir was trinken waren und wir irgendwelche Freunde aus Harare getroffen hatten, mindestens betrunken und auf jeden Fall bekifft, eröffnet hat, dass ich am nächsten Morgen um 10 Uhr dann weg sein müsste. Ahaa.. Was genau in dem alten Herren vorgegangen ist, weiß ich nicht, aber das war echt mehr als schräg. Alles wäre temporär und jetzt wäre es eben vorbei. Gut. Danke für die Info..

Da ich mich dann spontan mehr als unwohl gefühlt habe, habe ich Alex angerufen, mitten in der Nacht sollte frau nicht unbedingt alleine rumrennen. Und man stellt sich auch nicht an die Straße und wartet auf ein Taxi.. Alex hat mir ein Taxi organisiert und mich zu der Familie seiner Mama fahren lassen. Er selbst war nämlich irgendwo mit dem Auto im Busch in Zim unterwegs.

Nun musste ich aber erstmal aus dem Gebäude bzw. aus meinem Zimmer raus. Und das hat sich als schwierig gestaltet. Lagen da doch die beiden sonst sehr lieben Pitbulldamen vor meiner Tür auf ihrem Platz und fanden mich mit Rucksack vorne und Rucksack hinten anscheinend auf einmal gar nicht mehr so nett.. Das war definitiv eine leicht stressige Situation für mich. Die haben nicht nur ein bisschen gebellt und geknurrt. Und ich habe nun wirklich keine Angst vor Hunden, aber das war mir ne Spur zu heftig. Da Ozzy anrufen und über den Flur rufen nicht geholfen haben, musste Plan B her. Zum Glück war die Tür nach draußen wie immer offen und nicht weit weg von meinem Zimmer. Ich habe also die Rucksäcke abgenommen und den Hunden versucht zu verklickern dass ich ich bin und sie mich gern haben, aber doch jetzt bitte mal nach draußen gehen sollen. Spielzeug rauswerfen hilft auch. Hat geklappt und ich hab schnell die Wohnungstür zugemacht, hab den irren Ozzy wachgetrommelt, damit er seine Hunde in Schach hält und bin nach draußen gestiefelt. Klingt vielleicht alles nicht so schlimm, aber die Vorstellung von Pitbulls zerfleischt zu werden, weil sie nicht wissen, dass Rucksack tragende Menschen keine bösen Alien sind, fand ich wirklich gruselig…

Bei Familie Morris

bestand das Empfangskomitee aus Margaret und ihren Töchtern Colette und Noleen. Mitten in der Nacht angekommen, wurde ich von Alex‘ Familie aufgenommen als wäre ich eine von ihnen.

Alle waren unglaublich toll. In dieser Nacht habe ich zusammen mit zwei Kindern und deren Müttern in einem kleinen Zimmer übernachtet. Ein Bett für fünf. Noleen ist auf den Boden zu ihrem dreijährigen Sohn Alwyn und ihrer sechsjährigen Nichte Faith und Colette und ich haben im Bett geschlafen. Irgendwann am nächsten Morgen war ich dann ganz alleine im Zimmer und mein Rucksack und Co waren auf einmal auch da. Ich habe nichts mitbekommen, habe tief und fest geschlafen..musste ich mich wohl erstmal ne Runde erholen.

Noch bevor ich es unter die Dusche geschafft hatte, ist Thembe auf mich zugekommen und hat mich einfach nur umarmt. Die Kinder waren vermutlich genauso überrascht wie ich von allem und waren erstmal sehr still. Aber das war definitiv nur die Ruhe vor dem Sturm! Anschließend stand dann noch Colettes und Noleens Bruder Gareth vor mir. Alex hatte ihn geschickt, um zu checken, ob bei mir auch alles okay ist.

Nach dem Frühstück mit den Kindern auf dem Sofa, es sind Ferien und es laufen unendlich viele Cartoons im TV (und Peppa Pig läuft überall), habe ich erstmal gewaschen. Denn samstags scheint bei Familie Morris Waschtag zu sein. Während wir Damen also draußen gewaschen haben, hat Gareth das „Chalet“ im Garten aufgeräumt und sauber gemacht.. dort sollte ich einziehen. Er war schon vor längerer Zeit umgezogen, zu viele Mädels im Haus oder so, und bei seiner Tante gab es den Cousin im ähnlichen Alter.

Das Wochenende war super gut, es wurde gequatscht, getrunken und ich war mit Colette und Gareth bei den Khami Ruinen, alte Steine gucken. Teures Vergnügen, aber war ein guter Nachmittag.

Khami Ruinen
und
ein Felsen.

Die Tage darauf habe ich mich hauptsächlich mit den Kids vergnügt und am Familienleben teilgenommen. Schon lange habe ich nicht mehr so viel MauMau gespielt, wie in den letzten zwei Wochen. Ich habe Faith gezeigt, wie sie die Karten richtig halten muss, damit sie weiß, ob sie eine +4 hat oder nicht (wenn ja, hat sie sich seehr gefreut, dass jemand Karten aufnehmen musste, wenn aber nicht, fand sie es immer unglaublich gemein 🙂 ) und niemand ihre Karten auswendig kennt (hieran erkennt man definitiv, dass ich meines Vaters Tochter bin..) Dabei hat sie ihre Finger so zusammen gequetscht, dass es schwierig war, eine Karte zu spielen. Aber sie hat es gelernt. Allerdings bin ich nicht sicher, ob es nachhaltig gefruchtet hat. Ich werde das definitiv eines Tages “kontrollieren“..

Dass ich sie smart cooky genannt habe, mochte sie zunächst nicht so wirklich, ich musste mehrfach erklären, dass es definitiv etwas Gutes ist. 🙂

Alwyn hat immer mit seiner ganz eigenen Art “Auntie Isabel“ gerufen, das werde ich nicht mehr vergessen. Ich habe mich regelmäßig von ihm untersuchen lassen, oder besser gesagt, meine Haut: Jeder Leberfleck wurde beguckt, betastet und dann drauf rumgedrückt.. aufgekratzter Mückenstich (jaaa, i know…)? „Auntie Isabel, u are bleeding.“ So süß, er wird bestimmt mal ein guter Arzt.

Thembe und Michelle habe ich ein Kartenspiel beigebracht, das ich selbst in Uganda von Greg gelernt habe. Er nannte es das Kiwi-Game, weil er es von ’nem Kiwi gelernt hat. Es wurde also zu so einer Art Routine, erst MauMau, dann „Call it“, wie Faith es genannt hat.

Ich selbst habe mindestens drei neue Kartenspiele gelernt (zumindest kurzzeitig) und mich als völlig sprachunbegabt erwiesen. Ndebele ist aber auch einfach echt kompliziert in der Aussprache. Alleine die Zahlen sind so lang wie ein ganzer Satz. Das nur mal zu meiner Verteidigung. Zum Glück spricht zumindest in dieser Familie jede*r perfekt Englisch, da könnte man direkt neidisch werden. Sind eh alle ziemlich gescheit, die Morrises. 🙂

Ndebele-Lesson

Abends wurde oftmals gemeinschaftlich Fernsehen geguckt. Meistens indische Soaps.. Was für ein Spaß. Ich werde Kulfi und Meehti und Vishnu sehr vermissen. ‚True Love‘ und so weiter.. Total schlecht gemachte Soaps, aber nach ein paar Tagen ist man voll drin. 😀

Am Freitag (Nachmittag!) war ich spontan mit Amy, Schwester 3 von 4, und Michelle und drei von Amys Freunden unterwegs. Erst wurde auf Gogos und Kulus Terrasse getanzt (Thembe ist die move-Königin), bei diversen Arten von Drinks, gemeinsam mit kulu, dann ging es in die Stadt, danach ins Township für ein (sehr leckeres) braii und wieder zurück in die Stadt in so ne Art Club, der leider leer war, war wohl noch etwas früh. Zwischendurch gab es etwas Boyfriend 1, 2 oder 3 – Drama. Und ich musste tatsächlich einen Typen verteidigen, der mich angesprochen hat, weil Amy und Co. quasi auf ihn gesprungen sind, um ihm zu verklickern, dass ich zu ihnen gehöre und er sich mal schön fernhalten soll. 🙂 Irgendwann war ich dann aber doch kaputt und musste die Heimreise antreten. Lustig war’s.

Ganz schön schwer so 20 kg..

Ich kann nicht wirklich viel darüber sagen, wie es anderen Familien geht. Aber meine zweite Teilzeitfamilie hat im Moment kaum Geld für Brot, von so etwas wie Reis oder Pasta mal ganz abgesehen, also gab es meistens Porridge und Sadza (das da auf meinem Kopf). Und das ist keine Beschwerde, Gogo ist eine hervorragende Köchin. Aber ich wünschte sie könnten auch andere leckere Sachen essen. Ich habe mich immer gefreut, dass sich alle so sehr über Milch, Joghurt und Co. gefreut haben. Für uns selbstverständlich, aber eben nicht für jeden.

Und dann ist einfach auch alles unglaublich teuer und die Preise variieren mehr oder weniger ständig. Ach ja, Schulgebühren für vier Kinder im Haushalt sind auch zu zahlen. Ich glaub für Faith‘ primary school waren es allein 265 Bond pro Trimester. Viel Geld für eine Familie, die täglich acht Personen zu ernähren hat, von denen zwei in Pension sind und quasi um ihre Pension betrogen wurden, und die anderen zwei Erwachsenen derzeit keinen Job haben.

Und trotzdem sind alle unglaublich gut drauf und haben Spaß! Beschwerden hört man selten. Grund genug hätten sie ja..

Knapp zwei Wochen habe ich bei den Morris‘ gewohnt. Aber nun geht die Reise weiter. Es ist mir wirklich schwer gefallen zu gehen, weil ich mich unglaublich wohl gefühlt habe. Sie haben mir einfach das Gefühl gegeben, dass ich dazu gehöre. Faith hat sich wie ein kleiner Klammeraffe an mich geklammert und gesagt, sie lässt mich nicht gehen, schon da musste ich heulen. Und als Gogo (granny) am Gate gesagt hat “daughter dont cry“, hat mich das erst recht zum Heulen gebracht. Ich bin wirklich traurig und vermisse alle jetzt schon.

Ein Teil der Familie Morris

Aber nun warten andere aufregende Dinge auf mich: Ich werde die Vic Falls von der anderen, der Zim-Seite sehen und schließlich über Weihnachten und Neujahr nach Kapstadt fliegen und San, Megan und Taun wieder treffen. Da freue ich mich sehr drauf.

Danke Gogo, Kulu, Colette, Noleen, Gareth, Alex, Amy, Michelle, Thembe, Faith und Ally!

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